Photovoltaik auf der Nordseite: Worauf du achten solltest

Photovoltaik nur auf dem Süddach? Von wegen! Auch Norddächer können wirtschaftlich betrieben werden – mit cleverer Planung, moderner Technik und hohem Eigenverbrauch. Erfahre, wie du selbst mit suboptimaler Ausrichtung viel aus deiner PV-Anlage herausholen kannst.

Ein Haus aus der Vogelperspektive mit einer Solaranlage auf der Nordseite des Hauses

Viele glauben: Solaranlagen gehören ausschließlich aufs Süddach. Schließlich scheint dort die Sonne am stärksten. Doch was, wenn genau diese Fläche nicht nutzbar ist? Ist der Traum vom eigenen Solarstrom dann geplatzt?

Nicht unbedingt. Aus unserer langjährigen Erfahrung als Fachbetrieb wissen wir: Auch auf der Nordseite lässt sich mit Photovoltaik sinnvoll Strom erzeugen, vorausgesetzt, die Rahmenbedingungen stimmen. Moderne Modultechnik, clevere Systemplanung und ein hohes Maß an Eigenverbrauch machen’s möglich.

In diesem Beitrag zeigen wir dir, worauf es ankommt. Du erfährst wann sich eine Photovoltaik-Anlage auf der Nordseite lohnt, wie groß der reale Ertragsunterschied zur Südseite ist, warum die Dachneigung eine entscheidende Rolle spielt und wie du trotz geringerer Sonnenintensität wirtschaftlich profitierst.

Warum sich auch die Nordseite lohnen kann

Früher galt es als Ausschlusskriterium, heute ist es eine Option mit Potenzial: das Norddach. Klar, der Anteil direkter Sonneneinstrahlung ist relativ gering. Aber es empfängt eine andere, oft unterschätzte Form von Licht: diffuse Strahlung.

Gerade in Deutschland, mit seinem häufig bedeckten Himmel, macht diese diffuse Strahlung oft mehr als 50 % der gesamten Sonneneinstrahlung aus. Und die trifft eben auch von Norden aufs Dach.

Das bedeutet: Auch eine Nordseite kann Energie liefern. Nicht so viel wie eine Südanlage, aber genug, um einen spürbaren Beitrag zur Stromversorgung deines Haushalts zu leisten – besonders, wenn der erzeugte Strom direkt selbst genutzt wird.

Direkte vs. diffuse Strahlung – kurz erklärt

Damit du besser verstehst, wie Photovoltaik auf der Nordseite funktioniert, lohnt sich ein Blick auf die beiden Hauptarten von Sonnenlicht:

  • Direkte Strahlung: Trifft ungehindert auf die Module – typisch für Südseiten bei klarem Himmel. Der Ertrag ist hier am höchsten.
  • Diffuse Strahlung: Wird durch Wolken, Luftpartikel oder Nebel gestreut – und kommt aus allen Himmelsrichtungen. Auch aus dem Norden.

Während Süddächer primär von direkter Strahlung profitieren, nutzen Norddächer fast ausschließlich die diffuse Komponente und genau deshalb ist ihre Leistung niedriger, aber dennoch relevant.

Photovoltaik Nordseite Grafik die den Einfall von Sonnenstrahlen bei diffusem Licht erklärt

Wie viel Strom produziert eine PV-Anlage auf der Nordseite?

Vielleicht hast du schon gehört: Eine Norddach-Anlage bringt rund 30 bis 40 % weniger Ertrag als eine ideal ausgerichtete Süd-Anlage. Das stimmt im Grundsatz – ist aber nur die halbe Wahrheit.

Denn jede PV Anlage ist aufgrund unterschiedlicher Begebenheiten individuell und sollte auch als solche stets individuell geplant werden. Ob sich eine Photovoltaikanlage mit Nordausrichtung lohnt, das hängt von verschiedenen Faktoren ab:

Die wichtigste davon ist die Dachneigung. Grundsätzlich gilt: Je flacher das Dach, desto besser für eine Nordseiten-Anlage. Denn bei flachen Dächern treffen die Sonnenstrahlen – insbesondere im Sommer, wenn die Sonne höher steht – in einem günstigeren Winkel auf die Module.

Faustregel:

Hast du ein flach geneigtes Dach (unter 30°) bestehen gute Voraussetzungen für solide Erträge. Bei einem steilen Dach (über 45°) ist der Einfallswinkel sehr ungünstig. Das bedeutet, deine Anlage würde sich kaum rentieren, da der die Module kaum Licht aufnehmen können.

Eigenverbrauch ist Trumpf

Wie bei einer herkömmlichen PV Anlage lautet auch hier das Zauberwort: Eigenverbrauch. Ein Norddach bringt zwar weniger Strom, aber entscheidend ist eigentlich nicht, wie viel Strom du produzierst, sondern wie viel deines Stromverbrauchs du mit deiner Photovoltaikanlage decken kannst. Das ist deshalb wichtig, weil die Einspeisevergütung für nicht genutzten Strom niedrig ist – aktuell meist unter 10 Cent pro kWh. Der Strom, den du im Haus verbrauchst, ersetzt dagegen teuren Netzstrom (rund 30–40 Cent pro kWh). Gekoppelt mit steuerbaren Verbrauchern, wie einer Wärmepumpe oder einem E-Auto und anderen Energieintensiven Haushaltsgeräten kann sich eine PV Anlage mit Nordausrichtung schnell lohnen.

Wichtig zu beachten:

Je mehr Verbraucher angeschlossen sind, desto höher ist der Stromverbrauch. Da die Anlage aber vorrangig diffuses Licht und keine direkte Einstrahlung nutzt, muss die Größe an den gestiegenen Verbrauch angepasst werden.

Moderne Module holen mehr aus dem Licht

Was früher technisch kaum möglich war, funktioniert heute überraschend gut: Leistungsstarke Solarmodule, die auch bei diffusem Licht effizient arbeiten. Es gibt verschiedenste Arten von Photovoltaikmodulen. Dabei eignen sich einige mehr und einige weniger, um dein Projekt auf der Nordseite zu realisieren.

Besonders geeignet für Norddächer sind:

  • Glas-Glas-Module: Langlebig, robust und meist mit besserem Schwachlichtverhalten als Glas-Folie-Module.
  • Monokristalline Hochleistungsmodule: Sehr effizient, holen auch aus wenig Licht das Maximum heraus.
  • PERC-, TOPCon- oder N-Type-Technologie: Moderne Zelltechnologien mit hervorragender Schwachlichtperformance.

Auf Norddächern wird es oft auch gar nicht so heiß wie auf Süddächern – das verbessert den Wirkungsgrad leicht. Herkömmliche Module verlieren bei Hitze nämlich etwas an Leistung.

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Björn Schumacher Geschäftsführer enerix Rostock

Beispielrechnung: Was kannst du konkret erwarten?

Um besser einschätzen zu können, ob sich eine Norddach-Anlage für dich lohnt, hilft ein reales Rechenbeispiel aus unserer Beratungspraxis.

Das Haus der Familie Meyer hat eine 8 kWp Anlage auf ihrem Norddach (15° Neigung). Die Eigenverbrauchsquote liegt bei 60 % und der Strompreis bei 35 ct/kWh.

Der Ertrag bei einer 15° Grad Neigung lässt sich auf ungefähr 625 kWh/kWp beziffern. Bei 8 kWp produziert die Photovoltaikanlage der Familie somit 5.000 kWh im Jahr – mit ihrem Stromspeicher werden 60 Prozent des benötigten Stroms gedeckt. Der Preis für die restliche Stromversorgung beläuft sich somit auf 700 €. Mit einer Photovoltaikanlage auf einem Norddach konnten somit 1050 € an jährlichen Stromkosten eingespart werden.

Selbst ohne Berücksichtigung der Einspeisevergütung für den Reststrom zeigt sich: Die Investition kann sich nach wenigen Jahren amortisieren – besonders, wenn dauerhaft hohe Strompreise bestehen.

Tabelle mit Leistung von Lichteinfall

Systemoptimierung: So holst du das Maximum aus deiner Norddach-Anlage

Eine PV-Anlage ist immer mehr als nur die Summe ihrer Module. Gerade auf der Nordseite entscheidet die richtige Kombination aus Technik, Planung und Verbrauchsverhalten über den Erfolg. Hier zeigen wir dir, worauf es ankommt und welche Bausteine dein System wirklich effizient machen.

Stromspeicher: Der wichtigste Hebel für deine Eigenverbrauchsquote

Ein Stromspeicher gehört bei Norddachanlagen fast schon zur Grundausstattung – zumindest, wenn du deinen Eigenverbrauch gezielt steigern willst. Denn: Der tagsüber produzierte Strom wird selten genau dann gebraucht, wenn er erzeugt wird. Ein Speicher schließt diese Lücke und macht den Strom auch in sonnenarmen Zeiten nutzbar. Die richtige Speichergröße hängt weniger von der PV-Anlage ab, sondern vielmehr von deinem durchschnittlichen Tagesverbrauch.

Je mehr Verbraucher angeschlossen sind, desto höher ist der Stromverbrauch. Da die Anlage aber vorrangig diffuses Licht und keine direkte Einstrahlung nutzt, muss die Größe an den gestiegenen Verbrauch angepasst werden.

Die richtige Speichergröße finden:

Eine bewährte Faustformel aus der Praxis lautet: Speichergröße = Ø Tagesverbrauch × 0,60

Ein gut geplanter Stromspeicher mindestens 60 Prozent des durchschnittlichen Tagesverbrauchs (24- Stunden) in Kilowattstunden groß sein. Der Speicher sollte zudem mindestens die gleiche Größe in kWh haben wie die Photovoltaikanlage in kWp.

Achte zudem darauf, dass der Speicher nicht überdimensioniert wird. Denn ein zu großer Speicher klingt zunächst verlockend, ist aber nicht automatisch wirtschaftlich. Im Sommer bekommt man den Speicher nicht leer, im Winter reicht der Ertrag oft nicht aus, um ihn vollständig zu laden. Die Folge: Der Speicher wird nicht effizient genutzt. Deshalb gilt auch hier: Maßarbeit statt Maximalgröße.

Flexible Verbraucher für mehr Eigenverbrauch

Mit flexiblen Verbrauchern lässt sich der Eigenverbrauch deutlich steigern, wenn deren Nutzung intelligent gesteuert und in sonnenreiche Stunden gelegt wird. Denn genau dann produziert deine PV-Anlage Strom, der dich nichts extra kostet, aber jede eingesparte Kilowattstunde bares Geld wert ist.

Was sind flexible Verbraucher?

Flexible Verbraucher sind Geräte, deren Betrieb zeitlich verschiebbar ist, du entscheidest also, wann sie laufen. Bspw: Waschmaschine, Spülmaschine, Wäschetrockner, Wallbox, Heizstab…

Tipp: Timerfunktion nutzen

Viele dieser Geräte haben heute integrierte Timerfunktionen. Nutze sie, um deine Geräte automatisch z. B. zur Mittagszeit starten zu lassen, dann ist die Chance am größten, dass deine Anlage gerade Strom produziert.

Erfahrungen aus der Praxis: Nord- und Süddach kombiniert sinnvoll nutzen

Manchmal sind die idealen Dachflächen einfach nicht verfügbar – sei es durch Verschattung, Dachfenster oder bauliche Einschränkungen. Genau so war es bei einer Familie aus Mecklenburg-Vorpommern, die sich trotz suboptimaler Ausrichtung bewusst für eine Solaranlage entschieden hat.

Das Projekt im Überblick

Die Familie lebt in einem freistehenden Einfamilienhaus und verbraucht jährlich rund 7.000 kWh Strom – unter anderem durch einen hohen Haushaltsverbrauch und das regelmäßige Laden eines E-Autos. Die Gegebenheiten vor Ort:

  • Süddachfläche: Ausrichtung 220°, ca. 50° Dachneigung, Platz für 5,5 kWp
  • Norddachfläche: Ausrichtung 40°, ebenfalls 50° Neigung, Platz für 4,4 kWp
  • Gesamtleistung der PV-Anlage: 9,9 kWp
  • Stromspeicher: 10 kWh nutzbare Kapazität
  • Zusätzlich installiert: Intelligente Wallbox mit PV-Überschussladung

Trotz der steilen Dachneigung und die nördliche Ausrichtung, liefert die Anlage in der Praxis beeindruckende Ergebnisse.

  • Direktverbrauch aus Sonnenstrom: ca. 2.950 kWh pro Jahr
  • Versorgung über den Stromspeicher: ca. 2.300 kWh pro Jahr

Damit kann die Familie jährlich rund 5.250 kWh selbst erzeugten Strom im eigenen Haushalt nutzen, was einer Autarkiequote von etwa 75 % entspricht.

Die Ergebnisse im 5-Jahres-Schnitt

Die PV-Anlage erzeugt im Durchschnitt rund 7.800 kWh Strom pro Jahr. Die Verteilung des Eigenverbrauchs zeigt, wie sinnvoll die Kombination aus intelligenter Anlagenauslegung, Speicher und Verbrauchssteuerung ist:

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Wir haben anfangs gezweifelt, ob sich die Investition bei unserer Dachneigung und Ausrichtung wirklich lohnt, aber wir wurden positiv überrascht. Die Kombination aus Nord- und Süddach funktioniert, der Speicher ergänzt das System ideal und durch die Wallbox laden wir unser E-Auto auch mit eigenem Strom

Feedback der Familie

Fazit: Auch das Norddach kann sich lohnen – wenn die Planung stimmt

Eine Photovoltaikanlage muss nicht zwingend nach Süden ausgerichtet sein, um wirtschaftlich zu arbeiten. Wenn die Süddachseite verschattet oder zu klein ist, kann die Nutzung beider Dachseiten – inklusive der Nordseite – eine sinnvolle Lösung sein. Dadurch wird die Stromproduktion über den Tag verteilt und der Eigenverbrauch optimiert.

Gerade bei schwierigen Bedingungen wie Verschattung oder verwinkelten Dächern lohnt sich ein zweiter Blick. Mit moderner Technik, einem durchdachten Energiemanagement und optimal aufeinander abgestimmten Komponenten – von den Modulen bis zum Speicher – lassen sich auch Norddächer effizient nutzen.

Das zeigt beispielhaft eine Familie aus Mecklenburg-Vorpommern: Ihre professionell geplante Norddach-Anlage liefert beachtliche Erträge – dank intelligenter Auslegung und smarter Steuerung. Wer also auf Qualität bei Planung und Umsetzung setzt, kann auch mit Nordausrichtung erfolgreich in die Solarenergie einsteigen

Typische Fragen zu PV Anlagen auf der Nordseite

Ja – unter bestimmten Bedingungen kann sie wirtschaftlich sehr gut funktionieren. Entscheidend je flacher die Dachneigung, desto höher der Ertrag, der Einsatz moderner Module mit gutem Schwachlichtverhalten und ein hoher Eigenverbrauch durch Speicher und flexible Verbraucher. Pauschal „Nein“ zu sagen, ist nicht mehr zeitgemäß.

Je nach Dachneigung und Standort liegt der Ertrag etwa 15–50 % unter dem einer perfekt nach Süden ausgerichteten Anlage. Mit flachen Dächern (unter 30°), guten Modulen und intelligenter Planung kann man dennoch 500–850 kWh pro kWp erwarten.

Empfehlenswert sind:

  • Monokristalline Hochleistungsmodule mit hohem Wirkungsgrad
  • Glas-Glas-Module für lange Lebensdauer und bessere Schwachlichtausnutzung
  • Module mit N-Typ ABC-Technologie stehen für hohe Effizienz auch bei diffuser Strahlung

In den meisten Fällen: Ja. Gerade bei geringerer Gesamtproduktion hilft ein Speicher, den Eigenverbrauch zu maximieren und den Strom dann zu nutzen, wenn er wirklich gebraucht wird. Die richtige Speichergröße richtet sich dabei nicht nach der PV-Leistung, sondern nach deinem individuellen Strombedarf.

Ja. Die Einspeisevergütung sowie z. B. zinsgünstige KfW-Kredite (Programm 270) gelten unabhängig von der Dachausrichtung. Wichtig ist lediglich, dass deine Anlage die technischen Voraussetzungen erfüllt, am besten prüfst du das vorab gemeinsam mit einem Fachbetrieb.

Der Ertrag im Winter ist bei jeder PV-Anlage deutlich geringer, auf der Nordseite noch mehr. In dieser Zeit deckt die Anlage meist nur die Grundlast, etwa für Standby-Verbraucher oder Licht. Die Hauptleistung wird zwischen März und Oktober erzielt.