Neue Regeln für Solarstrom: So soll das Solarspitzengesetz die Energiewende verändern

Das Solarspitzengesetz bringt neue Regeln für Photovoltaikanlagen: Durch die Förderung des Eigenverbrauchs, die Integration kleinerer Anlagen und den Smart-Meter-Rollout soll die Netzstabilität erhöht und Stromüberschüsse reduziert werden.

Ein Mann überprüft die Leistung seiner Anlage mit einem Handy.

Die Bedeutung von Solarstrom in Deutschland wächst unaufhaltsam: Im letzten Jahr wurde mit 72,2 Terrawattstunden (TWh) ein neuer Rekord aufgestellt – trotz schlechterer Wetterbedingungen. Das entspricht einem beeindruckenden Wachstum von 18 % im Vergleich zum Vorjahr. Mittlerweile deckt die Photovoltaik bereits 14 % der öffentlichen Nettostromerzeugung ab. Gleichzeitig zeigt der rückläufige Primärenergieverbrauch, der 2024 um 1,3 % gesunken ist, dass der nachhaltige Umbau des Energiesystems Früchte trägt. Doch mit den Fortschritten kommen auch Herausforderungen, wie temporäre Erzeugungsspitzen und Netzüberlastungen, die innovative Lösungen erfordern – und genau hier setzt das „Gesetz zur Änderung des Energiewirtschaftsrechts zur Vermeidung von temporären Erzeugungsüberschüssen“ oder kurz Solarspitzengesetz der Bundesregierung an

In diesem Beitrag zeigen wir dir, was das Solarspitzengesetz für dich bedeutet, wie du dich darauf vorbereiten und sogar positives draus ziehen kannst.

Neues Gesetz auf einen Blick

Das Solarspitzengesetz bringt neue Regeln für Betreiber von Photovoltaikanlagen. Ziel ist es, die Netze zu entlasten und gleichzeitig die Energiewende voranzutreiben. Wichtig ist: Auch mit den neuen Regelungen bleibt eine PV-Anlage wirtschaftlich – vor allem, wenn du Eigenverbrauch, Speicher und intelligente Steuerung clever kombinierst.

Das wichtigste in Kürze – das beinhaltet das Gesetz

  • Anpassung der Direktvermarktungspflicht  
  • Einstellung der Einspeisevergütung bei negativen Strompreisen  
  • Pflicht der Fernsteuerbarkeit von PV Anlagen für Netzbetreiber 
  • Batteriespeicher dürfen auch aus dem Netz laden 
  • Spitzenkappung von PV Anlagen auf 60% installierte Leistung (Übergangslösung) 

Warum das Solarspitzengesetz wichtig ist

Der massive Ausbau von PV und erneuerbaren Energieträgern bringt: An besonders sonnigen Tagen ist das Netz stark ausgelastet. Um Stromüberschüsse zu vermeiden und die Netzstabilität zu sichern, setzt das Solarspitzengesetz auf mehr Eigenverbrauch und smarte Steuerung.

💡Das bedeutet: Du sollst deinen Solarstrom möglichst selbst verbrauchen – idealerweise mit Hilfe eines Stromspeichers, einer Wallbox oder Wärmepumpe. Nur was du nicht selbst nutzt, wird eingespeist.

Das Gesetz besteht daher eigentlich aus fünf grundlegenden Inhalten. Neben der Ermöglichung der Steuerbarkeit von PV Anlagen, der Abregelung auf 60% oder der Aussetzung der Einspeisevergütung in Zeiten negativer Strompreise hat der Bundestag auch die Direktvermarktungspflicht angepasst und die Möglichkeit der Ladung von Batteriespeichern mit Netzstrom beschlossen.

Die 60 %-Regelung und was sie bedeutet

Neue PV-Anlagen ab 7 kWp müssen steuerbar sein (ausgenommen Nicht-Einspeiser, Inselanlagen/Balkonkraftwerke), damit der Netzbetreiber bei Bedarf die Einspeisung reduzieren kann. Falls deine Anlage nicht steuerbar ist, darf sie nur noch 60 % der installierten Leistung ins Netz einspeisen – solange bis die Steuerung möglich ist.

Was gilt für bestehende Anlagen? 
Wenn du bereits eine Photovoltaikanlage betreibst, bist du nicht direkt vom neuen Gesetz betroffen. Die neuen Regelungen gelten nur für Anlagen, die ab dem 1. März 2025 installiert werden. Du kannst deine bestehende Anlage aber freiwillig umrüsten – und davon gleich mehrfach profitieren. Denn ohne intelligentes Messsystem fehlt deiner Anlage die Möglichkeit, Lasten gezielt zu steuern.


Die Steuerung und Abregelung der Solaranlagen erfolgt über das intelligente Messsystem (iMSys) in Kombination mit einer Steuerbox. Letztere wird direkt an den Wechselrichter der PV Anlage angeschlossen und muss vom Messstellenbetreiber zur Verfügung gestellt werden. Diese Technik wird vom Messstellenbetreiber bereitgestellt. Die Netzbetreiber sind verpflichtet, die Steuerbarkeit deiner Anlage jährlich zu testen. Die Kosten für den Smart Meter, welcher für eine erfolgreiche Steuerbarkeit benötigt wird, muss der Anlagenbetreiber tragen.
Dennoch ist die Installation eines Smart Meters auf eigenen Wunsch mit einer Einmalzahlung von 100 € verbunden. Hinzu kommt die Erhöhung der Messentgelte für freiwillige Aufrüstungen von 20 auf 30 € jährlich.  

Smart Meter Bild
Smart Meter werden für die Steuerung der Anlage benötigt.

Bei einem Haushalt mit einem jährlichen Stromverbrauch von ungefähr 6.000 – 10.000 Kilowattstunden (kWh) steigen die Messentgelte von 20€ auf 40 € pro Jahr.  

Ein Anreiz für eine freiwillige Installation wird die Einspeisevergütung aus dem EEG um 0,6 ct/kWh für Anlagenbetreiber erhöht, die freiwillig umsteigen. 

Fristen im Überblick

  • Ab dem 1. März 2025 gilt die 60 Prozent-Begrenzung für Neuanlagen ohne Steuerung. 
  • Bis spätestens 1. Januar 2026 müssen Netzbetreiber die Steuerung erfolgreich getestet haben.
  • Ab 1. Januar 2028 greift die Entschädigungspflicht, falls die Steuerbarkeit nicht nachgewiesen wurde. 

Wie kann die Abregelung vermieden werden? 

Da die 60%-Regelung die Wirtschaftlichkeit von Photovoltaikanlagen direkt beeinflusst, stellt sich für Betreiber die Frage, wie sie die Abregelung umgehen oder zumindest deren Auswirkungen minimieren können. Das Gesetz wurde unter dem Aspekt geschaffen, dass die Netze entlastet werden und der Ausbau erneuerbarer Energien trotzdem vorangehen kann. Die beste Möglichkeit um Verluste durch diese Begrenzung möglichst komplett zu vermeiden, ist also die Nutzung eines sogen. Energiemanagementsystem in Verbindung mit einem Stromspeicher. 

Grafik enerixControl web
Mit einem Energiemanagement kann die Ladung des Speichers mit Netzstrom durchgeführt werden.

Optimierter Eigenverbrauch durch Energiemanagementsysteme und Stromspeicher

Als Gehirn deiner PV Anlage ist ein Energiemanagementsystem (EMS) unersetzbar, wenn es um die Optimierung deines Eigenverbrauchs geht. Es steuert gezielt Verbraucher wie Stromspeicher, Wärmepumpen oder Elektroautos an, damit diese in günstigen Zeiten laden und möglichst wenig Solarstrom ins Netz geleitet wird. Während die Anlage ohne Energiemanagement einfach Strom erzeugt, an die Verbraucher verteilt und den Überschuss dann ins Netz einspeist, kann ein EMS diesen Ablauf so anpassen, dass es für den Besitzer am rentabelsten wird.  Durch die Integration dynamischer Stromtarife kann zudem bestimmt werden, wann der Speicher mit Solarstrom beladen oder ob günstiger Netzstrom genutzt werden sollte – alles steuerbar per App.

sabrina heerklotz

Das Stromspitzengesetz setzt genau da an, wo es mangelt. Die Netze sind überlastet und wir müssen für Entlastung sorgen. Das macht man am besten, indem man besonders viel Strom im Eigenheim verbraucht. Eine ausgereifte Energiemanagement-App kann dabei helfen, die besten Zeiten zur Stromspeicherung zu definieren.

Sabrina Heerklotz Projekleiterin für Energiemanagement bei enerix

Denn ein solches System kann gezielt Verbraucher wie Wärmepumpen oder Elektroautos mit Solarstrom versorgen, bevor überschüssige Energie ins Netz abgegeben wird. Über die zusätzliche Integration von dynamischen Stromtarifen kann außerdem festgelegt werden, wann im besten Fall der Speicher mit Solarstrom beladen oder lieber Netzstrom genutzt werden sollte. Gesteuert wird das alles digital über eine App.  

Mit und ohne PV Speicher

Ohne Speicher liegt der Eigenverbrauch eines typischen Haushalts bei etwa 30 %. Mit einem entsprechend dimensionierten Stromspeicher kann dieser Wert auf bis zu 80 % erhöht werden. Bei einem durschnittlichen Einfamilienhaus mit ungefähr 4.500 kWh Jahresverbrauch kann demnach bis zu 3.600 kWh mit ihrer Solaranlage und einem Speicher decken.

Eine weitere sinnvolle Investition für Betreiber von Solaranlagen ist ein Batteriespeicher, da er überschüssigen Solarstrom speichert und zu einem späteren Zeitpunkt nutzbar macht. Dadurch wird weniger Strom ins öffentliche Netz eingespeist, was die Notwendigkeit und vor allem die Auswirkung der Abregelung reduziert.  Das reduziert die Abhängigkeit vom öffentlichen Stromnetz und senkt die Stromkosten.

Beladung der Stromspeicher über das Netz mit dyn. Stromtarif 

Bisher war es nicht möglich, dass Stromspeicher über das Netz beladen wurden, wenn der Strom an der Börse gerade günstig war. Der Grund: Es konnte nicht unterschieden werden, ob Strom aus dem Netz oder vom Dach stammt. Diese Regelung wurde nun gekappt. Fortan können Speicher auch Netzstrom aufnehmen. Mit einem Energiemanagementsystem wie enerixControl kannst du deinen Stromspeicher in günstigen Zeiten mit Netzstrom beladen. Das steigert die Effizienz und Rentabilität enorm.

Übrigens: Auch Branchenverbände wie der Bundesverband des Solarhandwerks (BDSH) begrüßen diese Entwicklung und betonen die Bedeutung des Gesetzes für die zukünftige Energieversorgung und den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien. 

Vereinfachung der Direktvermarktung  

Bisher galt die Direktvermarktungspflicht für Anlagen ab 100 kW. Künftig soll diese Grenze schrittweise auf 25 kW gesenkt werden. Ziel ist es, auch größere Kleinanlagen besser in den Strommarkt zu integrieren.

Einstellung der Einspeisevergütung in Zeiten negativer Strompreise 

Um die Vergütung für Photovoltaikanlagen zeitgemäß zu gestalten, wird die Einspeisevergütung in Zeiten von sogenannten Stromspitzen ausgesetzt. Das soll die Einspeisung in Zeiten negativer Preise reduzieren. Das schützt vor unnötigen Kosten und schafft einen Anreiz, die eigene Stromerzeugung besser zu steuern.   

Exkurs: Wenn auf dem Strommarkt die Preise negativ sind, bedeutet das, dass ein Überhang an grüner Energie (bspw. Aus Wind- und PV Anlagen) ins Netz eingespeist wird. 

Das bedeutet aber nicht, dass dir die gesamte Einspeisevergütung weggenommen wird. Sollte es zu Zeiten negativer Strompreise kommen, werden die Stunden, in denen die Einspeisung gestoppt wird, an das Ende der 20-jährigen Vergütungsdauer angehängt. Somit entstehen keine finanziellen Nachteile für Betreiber. 

Smart Energy Home

Ein Schritt in die richtige Richtung

Schlussendlich ist klar: Das Gesetz fördert also die Haushalte, die möglichst viel der erzeugten Energie selbst verbrauchen und PV Anlagen bleiben daher weiterhin wirtschaftlich.

Denn je mehr Solarstrom direkt vor Ort genutzt wird, desto geringer sind die Auswirkungen von Einspeisebegrenzungen und umso besser ist das für deinen Geldbeutel. Durch intelligente Steuerung mit einem Energiemanagementsystem kannst du große Verbraucher wie Wärmepumpen oder Elektroautos gezielt dann laden, wenn deine Anlage Strom produziert.

Während die aktuellen Stromkosten also pro Kilowattstunde bei rund 30 ct/kWh liegen, kannst du mit deiner Photovoltaikanlage Strom für etwa 10 bis 15 ct/kWh erzeugen – je nach Investitionssumme, laufenden Betriebskosten und der insgesamt erzeugten Strommenge über die Laufzeit deiner Anlage. Das entspricht einer möglichen Einsparung von bis zu 50 % gegenüber dem Strombezug aus dem Netz.

Mit einem Stromspeicher kannst du diesen Eigenverbrauch sogar noch weiter steigern – von durchschnittlich 30 % auf bis zu 80 % steigern.

Das bedeutet: Weniger Strom aus dem Netz und mehr Unabhängigkeit. Damit jede PV-Anlage effizienter, rentabler und zukunftssicher bleibt.